Schlauch- und Rohrleitungen sind allgegenwärtig. Ob im Bad, der Küche, im Garten, in der Landwirtschaft, in Autos oder auch in industriellen Anlagen. Überall wo Flüssigkeiten und Gase transportiert werden müssen, sind sie nicht wegzudenken. Doch genauso unterschiedlich, wie die durchgeleiteten Medien (Flüssigkeiten und Gase), müssen auch die Materialien der Leitungen sein, um den Anforderungen der chemischen Beständigkeit und der Temperaturbeständigkeit nachzukommen. Die dabei verwendeten Dichtungen spielen eine wichtige Rolle im gesamten System, um Leckagen zu vermeiden.
Doch wie entscheidet sich, aus welchem Material die Dichtung sein sollte? Im Folgenden gehen wir auf die wichtigsten und am häufigsten verwendeten Materialien und die unterschiedlichen Einsatzbereiche sowie Eigenschaften ein, um eine fundierte Entscheidung zur richtigen Auswahl treffen zu können.
Kurzübersicht der gängigsten Dichtungsmaterialien
Den größten Teil aller Dichtungen machen verschiedene Elastomere (weiche Kunststoffe) aus. Zu diesen zählen EPDM, NBR und FKM/FPM. Die Eigenschaften dieser Materialien sind wie folgt.
EPDM (Ethylene-Propylene-Diene-Monomer)
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Temperaturbereich: Etwa -40 °C bis +150 °C, bei Sonderqualitäten auch bis zu +180 °C in geschlossenen Wassersystemen.
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Chemische Beständigkeit: Sehr gut gegenüber heißem Wasser, Dampf, Glykol (z. B. Kühl-/Bremsflüssigkeiten), verdünnten Säuren, Laugen, Wasser, Ozon und UV. Nicht geeignet für Mineralöle, Benzin bzw. andere Kohlenwasserstoffe. EPDM is aufgrund der fehlenden Ölbeständigkeit auch nicht für den Transport von fettigen Lebensmitteln, wie z. B. Milch geeignet.
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Alterung: Hervorragend gegen Witterung, Ozon, UV.
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Trinkwassertauglichkeit: EPDM ist oft für Lebensmittel- und Trinkwassereinsatz zugelassen (z. B. FDA, WRAS, KTW), sofern die Fittings und Rohre entsprechend für diesen Einsatzbereich ausgelegt sind.
EPDM ist das gängigste Dichtmaterial in Rohr- und Schlauchleitungen, welche für Wasser und Abwasser (Sanitär, Landwirtschaft, Gartenbewässerung usw.), aber auch chlorhaltiges Wasser (Pool- und Schwimmbadtechnik) oder Salzwasser eingesetzt werden.
NBR (Nitril-Butadien-Rubber)
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Temperaturbereich: Ca. -35 °C bis +120 °C.
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Chemische Beständigkeit: Sehr gut gegen Mineralöle, Schmierstoffe, Hydraulikflüssigkeiten, Fette, Benzin, Diesel, aliphatische Kohlenwasserstoffe; mäßig gegen Wasser. Nicht geeignet für aromatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe, polar wirkende Lösungsmittel, Glykol-basierte Bremsflüssigkeit, Ozon oder Witterungseinfluss.
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Trinkwassertauglichkeit: Je nach Formulierung (Zusammensetzung der Inhaltsstoffe) evtl. möglich, aber deutlich weniger üblich als bei EPDM.
NBR kommt häufig als Ersatz zu EPDM zum Einsatz, wenn die Rohrleitungen für den Lebensmittelbereich (resistent gegenüber Fette) und den Transport von Benzin, Diesel oder Mineralölen, welche EPDM zersetzen.
FKM / FPM (Fluor-Elastomer, z. B. Viton®)
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Temperaturbereich: Typisch -20 °C bis +200 °C, Spezialtypen auch bis etwa +230 °C.
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Chemische Beständigkeit: Hervorragend gegenüber Mineralölen, synthetischen Hydraulikflüssigkeiten, Aromaten, Benzin, Diesel, Fetten, vielen organischen Lösungsmitteln, organischen Säuren; gut gegen Alterung, Ozon, UV. Eingeschränkt in Kontakt mit Ketonen, Estern, manchen Laugen und Dampf.
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Trinkwassertauglichkeit: Seltener als EPDM, was allerdings aufgrund des geringen Einsatzes in diesem Bereich liegt. Für Trinkwasserleitungen kommen häufig Dichtungen aus EPDM zum Einsatz, welche den DVGW-Kriterien entsprechen und wesentlich preisgünstiger sind.
FKM (früher auch FPM) zeichnet sich durch eine sehr hohe chemische und thermische Beständigkeit gegenüber verschiedenen Medien im industriellen Bereich aus und ist dort ein etablierter Kunststoff für diverse Dichtungen. Aufgrund des hohen Preises kommt FKM allerdings weniger im privaten Bereich zum Einsatz.
Dichtingslose Verbindungen in Metallrohrleitungen
Eine Sonderform und spezielle Verbindungsart ermöglicht das Abdichten ohne Dichtungen. Verschiedenen Ventile und Fittings aus Metall können auch so konstruiert sein, dass die Gegenstücke direkt aneinander gepresst werden und bündig abschließen. Ein Beispiel ist die konisch dichtende Edelstahlverschraubung. Man spricht auch von metallisch dichtenden Verbindungen. Diese Bauart ermöglicht eine bessere Materialwahl, da lediglich ein Material zur bestimmung der chemischen und thermische Beständigkeit der Rohrleitung berücksichtigt werden muss. Bei Kunststoffrohrleitungen ist dies aufgrund des weicheren Materials allerdings nicht möglich.
Einflussfaktoren bei der Wahl des Dichtungsmaterials
Die Materialauswahl erfolgt durch den Einsatzbereich. Hier spielen vor allem neben der Trinkwassertauglichkeit in Trinkwasserleitungen die zwei Faktoren chemische Beständigkeit gegenüber das Medium und die thermische Beständigkeit eine tragende Rolle, wonach das Material entsprechend zu wählen ist.
Medium / chemische Umgebung
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Wasser, Heißwasser, Dampf, Glykol, Laugen → EPDM ist hier ideal und der Standard.
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Mineralöle, Schmierstoffe, Hydraulik, Kraftstoffe, Fette → NBR oder FKM, je nach Temperatur & Aggressivität des Mediums.
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Aggressive Chemikalien, hohe Temperaturen (>150 °C) → FKM bevorzugt (häufig in industriellen Anlagen der chemischen Industrie zu finden).
Temperaturanforderungen
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Bis etwa120 °C, moderate Chemikalien → NBR in Ordnung, sofern Ölbeständigkeit vorrausgesetzt wird.
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Bis etwa 150 °C oder Dampf → EPDM ist hier die beste Wahl.
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Bis etwa 200 °C oder aggressive Chemikalien → FKM, evtl. spezielle Hochtemperaturtypen.
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Temperaturen über 200 °C oder sehr aggressive Chemikalien → PTFE (ca. -200 °C bis 260 °C), Metalldichtungen oder dichtungslose meatallische Verbindungen. Sehr hohe und sehr niedrige Temperaturen sind meist nur im Industriellen Bereich relevant.
Trinkwasser- und Lebensmittelkontakt
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EPDM oft spezialisiert auf Trinkwasserqualität.
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FKM kann eingesetzt werden, wenn entsprechend zertifiziert.
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NBR weniger bevorzugt, nur bei geeigneter Materialzusammensetzung.
Generell gilt, dass alle Materialien, welche in Kontakt mit Trinkwasser des öffentlichen Trinkwassernetzes gelangen können, entsprechend geprüft und zertifiziert sein müssen, um eine Unbedenklichkeit des Materials zu bestätigen. In Deutschland wird diese Prüfung und die anschließende Zertifizierung vom DVGW durchgeführt.
Material der Rohr- und Fittingkomponenten
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Metallrohrleitungen aus Messing, Edelstahl, Temperguss, Kupfer, Rotguss usw.: Kein direkter Einfluss auf die Elastomer-Chemie wichtig sind Temperatur und Medium. Die Temperatur wird bei Rohrleitungen aus Metall häufig durch die Dichtungen begrenzt. Die chemische Beständigkeit hingegen häufig durch die Metalle, welche häufig leichter korrodieren können.
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Kunststoffrohrleitungen aus PE, PVC-U, PVC-C, PP, PTFE usw.: Chemische Beständigkeit muss kompatibel mit dem Dichtungsmaterial sein und sollte in Einklang gebracht werden. Wasser, Dampf oder Heißwasser → EPDM; Öl/chemikalien → FKM; Mineralöle/Benzin → NBR oder FKM je nach Temperatur. Die meisten Kunststofffittings kommen mit Dichtungen aus EPDM oder NBR, sofern Öle transportiert werden müssen. Je nach Medium muss auch der Kunststoff der Rohrleitung entsprechend gewählt werden.
Fazit
In der Praxis erweist sich EPDM als die universellste Wahl, wenn es um Anwendungen mit Wasser, Heißwasser oder Dampf geht. Das Material ist zudem glykolbeständig, eignet sich hervorragend für den Außeneinsatz und können häufig für die Trinkwasserversorgung zertifiziert werden. NBR hingegen punktet vor allem dort, wo Mineralöle, Benzin oder hydraulische Medien im Spiel sind, vorausgesetzt, die Temperaturen bleiben im moderaten Bereich von bis zu etwa 120 °C und es liegt keine starke UV-Belastung vor. Wer es mit hohen Temperaturen jenseits von 150 °C, aggressiven Chemikalien oder gleichzeitig hohen Anforderungen an die Öl- und Lösungsmittelbeständigkeit zu tun hat, greift am besten zu FKM (FPM) oder sogar PTFE. Diese Hochleistungsmaterialen sind zwar teurer, bieten jedoch in anspruchsvollen Einsatzbereichen einen entscheidenden Vorteil.